Tanzende Maschinenmenschen und Schmetterlinge

aus der Kreiszeitung / Böblinger Bote vom 22. Mai 2017

Jazz Dance Workout Holzgerlingen mit dem Tanzmärchen "Reif für die Insel" in der Stadthalle Sindelfingen

Ins Jahr 2026 entführt haben Holzgerlinger Tanzschülerinnen das Publikum am Wochenende: "Reif für die Insel" nannte sich das neue Tanzmärchen des Jazz Dance Workout, das sie in der Stadthalle Sindelfingen präsentierten. Darin entfliehen vier Freundinnen einer freudlosen Welt auf eine geheimnisvolle Insel.


von Anne Abelein

HOLZGERLINGEN. Das Jazz Dance Workout feierte vor zwei Jahren das 30-jährige Bestehen und zeigt inzwischen alle zwei Jahre ein Tanzmärchen. Diese sollen "zum Nachdenken und Nachspüren anregen", so ist es die Intention der Leiterin Marleen Friedrich-Hennes und der Teammitglieder. Darunter findet sich auch ihre Tochter Solveig Hennes, die die Kompanie der "Dance Angels" leitet.

An diesem Abend geht es ins Jahr 2026: Die Welt ist ein trostloser Ort geworden; deshalb bewegen sich die Tänzerinnen der Leistungsstufen und der Kompanie abgehackt und aggressiv, das Handy immer für Selfies gezückt. Emotionen und die Farben des Lebens sind verschwunden, bedauert eine Erzählerin aus dem Off. Roboter haben viele Aufgaben übernommen; junge Mädchen treten als Maschinenmenschen auf. Schwarz-Weiß-Bilder herrschen vor, und in diesen Farben sind auch die Elevinnen der nächsten Gruppe gekleidet, die schon Drehungen beherrschen.

Im Gegensatz zur Technik steht die Natur: Der junge Nachwuchs verkörpert auf- und niederwallenden Nebel und Sonnenstrahlen mit grazilen Armen. Im Zentrum des Stücks steht eine Gruppe von vier Freundinnen (die Kompaniemitglieder der "Dance Angels"). Die Sonnenstrahlen zeigen ihnen eine Schatzkiste, die im Publikum versteckt ist. Was mag da wohl drin sein? Federn, stellt sich heraus. Diese symbolisieren die geistigen Kräfte und zugleich die vier Windrichtungen. Sie wehen die vier Freunde auf die "Insel ihres Herzens", wo sie sich selbst finden können. Mit luftigen Gleitsprüngen und auf- und niederwogenden Armen setzen die Tänzerinnen die Federn in Szene. In der Aufführung mischen sich Gruppen mehrerer Altersstufen ganz natürlich und schaffen immer wieder ein großes Ganzes.

Schildkröten und exotische Blumen auf Spitzenschuhen

Die Freundinnen sind wohl direkt an einen Strand gelangt, denn nun wirbeln die Jüngsten als Sandkörnchen über die Bühne und animieren das Publikum zum Mitklatschen. Auch sonst regt sich viel Flora und Fauna: Schildkröten mit Panzern und grazile exotische Blumen auf Spitzenschuhen. Urwaldpflanzen ranken sich empor - die improvisierenden Jugendgruppen Jazz I und II. Ein Hingucker sind außerdem die jungen Glühwürmchen, die zum Teil im Dunkeln tanzen und mit Lichtern facettenreiche Muster bilden. Kleine Schmetterlinge heben und senken die Arme in farbenprächtigen Kostümen, und die Teenager der "Affenbande" involvieren große Affenpuppen in den Tanz. Nach ihnen folgen die Kompaniemitglieder in der Rolle von Kokosnüssen. Sie werfen sich Nussschalen zu und animieren mit mitreißendem Tanz und wackelnden Hüften die Zuschauer zum Klatschen.

Im zweiten Teil zaubern Vertreterinnen verschiedener Gruppen mit Ballett und blauen Tüchern einen Wasserfall auf die Bühne. Kinder im Grundschulalter treten als Fische auf, und die etwas älteren Wassergeister bewegen ihre Arme in Wellenformen. Und was kreucht und fleucht da noch? - junge Libellen und Frösche, die das Publikum mit Sprüngen aus der Hocke zum Lachen anregen. Wie aber den Wasserfall überqueren? Zum Glück spannt der Jugend-Jazz-Nachwuchs imaginär einen Regenbogen über den Köpfen. Die vier Freundinnen überschreiten den Bogen, indem sie die Reihe der Tänzerinnen durchdringen. Der Regenbogen führt in das Reich der Paradiesvögel: Kinder und Teenager mehrerer Gruppen vereint zeigen gekonnt Balancen. Auch die einzelnen Farben des Regenbogens haben ihren Auftritt: der etwas ältere Jazz-Nachwuchs und Mitglieder der Leistungsgruppen und Kompanie. Vielfältige Bewegungsimpulse durchfluten die Gruppen, und elegante Bodenarbeit ist zu sehen.

Die Lehrerinnen Solveig Hennes und Saskia Scherer präsentieren in einem spannungsgeladenen Duo mit komplexen Drehungen die Farbe Rot. Als Höhepunkt ihrer Reise gelangen die vier Freundinnen zu einem Vulkan, und die Leistungsgruppen verwandeln sich in schwappende, brodelnde und spritzende Lava - unterstützt von kontrastreicher Musik. Nun finden die Freundinnen die "Farben ihrer Seele" wieder und mischen sich mit den "Einheimischen" in Ethno-Hosen. Sie stehen für Lebenslust, das "Innere Selbst" und Verbundenheit. Alle Register ihres Könnens zeigen die Tänzerinnen auch zu Michael-Jackson-Klängen. So erinnern sie zum Abschluss mit Verve an den Meister des Jazz-Tanzes.